Das Bundesssozialgericht hat in seinem Urteil vom 15.08.2012 (B 6 KA 27/11 R) entschieden, dass die vierjährige Ausschlussfrist für den Erlass von Regressbescheiden wegen der unwirtschaftlichen Verordnung von Heilmitteln auch durch die konkrete Mitteilung des Prüfungsausschusses gehemmt wird, dass eine Überprüfung der Heilmittelverordnungen nach Durchschnittswerten erfolgen soll, diese Wirtschaftlichkeitsprüfung aber bis zur Entscheidung über die Durchführung von Richtgrößenprüfungen zurückgestellt werde.
(BSG, Urteil vom 15.08.2012 – B 6 KA 27/11 R)
Der Prüfungsausschuss hatte einen Regress aufgrund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß § 106 Abs. 2 Nr. 1 SGB V erst nach Ablauf von vier Jahren nach Abschluss der betroffenen Prüfzeiträume (I/2000 bis III/2001) festgesetzt.
Rechtsgrundlage der Festsetzung einer Ersatzverpflichtung (Verordnungsregress) ist § 106 Abs. 2 SGB V. Danach wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung unter anderem durch arztbezogene Prüfungen ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten oder unter Berücksichtigung der vereinbarten Richtgrößenvolumina für die Verordnung von Heilmitteln geprüft.
Das Bundessozialgericht hat wiederholt entschieden, dass Richtgrößenregresse einer vierjährigen Ausschlussfrist unterliegen und diese Ausschlussfrist mit Ablauf des Quartals beginnt, dem die in Regress genommenen Verordnungen zuzurechnen sind. Die Frage, ab welchem Zeitpunkt die Vier-Jahres-Frist beginnt, hat das Bundessozialgericht dahingehend beantwortet, dass diese Frist für Verordnungsregresse im Regelfall unmittelbar nach Ablauf des Quartals beginnt, dem die Verordnung kostenmäßig zugeordnet. Für die Zuordnung einer Verordnung zu einem bestimmten Quartal ist der Zeitpunkt, in dem der Honorarbescheid erlassen wird, nach Ansicht des Bundessozialgerichts dagegen ohne Bedeutung.
Das Bundessozialgericht hat ferner wiederholt entschieden, dass die vierjährige Ausschlussfrist durch einen Prüfantrag der betroffenen Krankenkasse gehemmt wird.
Die vierjährige Ausschlussfrist wird nach Ansicht des Bundesozialgerichts aber auch durch die konkrete Mitteilung des Prüfungsausschusses gehemmt, dass eine Überprüfung der Verordnungsweise der Praxis nach Durchschnittswerten erfolgen soll, diese Prüfung aber bis zur Entscheidung über die Durchführung von Richtgrößenprüfungen zurückgestellt werde.
In dieser Situation sei der Prüfungsausschuss nach der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts an einem Tätigwerden gehindert gewesen, weil nach damaliger Gesetzeslage vorrangig eine Richtgrößenprüfung durchzuführen gewesen wäre.
Der Regress wegen der unwirtschaftlichen Verordnung von Heilmitteln konnte daher aufgrund der gehemmten Ausschlussfrist noch festgesetzt werden.
Jörn Franz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht