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Allgemein

Bun­des­so­zi­al­ge­richt lehnt die Ertei­lung der Anstel­lungs­ge­neh­mi­gung für geschäfts­füh­ren­de Gesell­schaf­ter einer MVZ-GbR ab (BSG, Urteil vom 26.01.2022 – B 6 KA 2/21 R)

By 2. März 2022April 7th, 2022No Comments

Ein Medi­zi­ni­sches Ver­sor­gungs­zen­trum (MVZ) hat kei­nen Anspruch auf eine Geneh­mi­gung der Anstel­lung zwei­er Fach­ärz­te für Inne­re Medi­zin, wenn bei­de Ärz­te zugleich Geschäfts­füh­rer und jeweils zur Hälf­te am Ver­mö­gen und am Gewinn der Klä­ge­rin betei­ligt sind. Denn dann sind die bei­den Ärz­te nicht abhän­gig ange­stellt, son­dern kön­nen als Geschäfts­füh­rer zu glei­chen Tei­len ihnen nicht geneh­me Beschlüs­se und Wei­sun­gen des MVZ ver­hin­dern (Bun­des­so­zi­al­ge­richt, Urteil vom 26.1.2022 — B 6 KA 2/21 R).

Sach­ver­halt:

Unter Ver­zicht auf ihre Ver­trags­arzt­zu­las­sun­gen bean­trag­ten zwei Ärz­te die Zulas­sung eines fach­in­ter­nis­tisch aus­ge­rich­te­ten MVZ in der Rechts­form einer Gesell­schaft bür­ger­li­chen Rechts (GbR) beim Zulas­sungs­aus­schuss für Ärz­te bei der Kas­sen­ärzt­li­chen Ver­ei­ni­gung Sach­sen-Anhalt sowie zeit­gleich die Geneh­mi­gung ihrer Anstel­lun­gen im MVZ. Bei­de Ärz­te waren zuvor mit jeweils vol­lem Ver­sor­gungs­auf­trag in der gemein­sam betrie­be­nen Berufs­aus­übungs­ge­mein­schaft tätig.

Die bei­den Ärz­te sind zugleich geschäfts­füh­ren­de Geschäfts­füh­rer der Trä­ger­ge­sell­schaft (GbR) und jeweils zur Hälf­te am Ver­mö­gen und am Gewinn der MVZ-Gesell­schaft betei­ligt. Der Zulas­sungs­aus­schuss ließ das MVZ zu, lehn­te aber den Antrag auf Geneh­mi­gung der Anstel­lung für die bei­den Ärz­te in der GbR ab.

Das MVZ leg­te Wider­spruch ein, den der Beru­fungs­aus­schuss für Ärz­te bei der KVSA als unbe­grün­det zurückwies.

Zur Begrün­dung führ­te der beklag­te Beru­fungs­aus­schuss für Ärz­te aus, dass eine Anstel­lungs­ge­neh­mi­gung nur für Ange­stell­te im Sin­ne des Arbeits- bzw. Sozi­al­ver­si­che­rungs­rechts erteilt wer­den kön­ne. Da die anzu­stel­len­den Ärz­te aber als geschäfts­füh­ren­de Gesell­schaf­ter eine selb­stän­di­ge Tätig­keit und kei­ne abhän­gi­ge Beschäf­ti­gung aus­üben, schei­de die Ertei­lung einer Anstel­lungs­ge­neh­mi­gung aus.

Das MVZ klag­te gegen den ableh­nen­den Beschluss des Beru­fungs­aus­schus­ses für Ärz­te auf Ertei­lung der Anstel­lungs­ge­neh­mi­gun­gen. Das Sozi­al­ge­richt Mag­de­burg gab der Kla­ge mit erst­in­stanz­li­chem Urteil vom 18.11.2020 (S 1 KA 25/18) statt. Der Geneh­mi­gung der Anstel­lun­gen kei­ne Grün­de der ver­trags­ärzt­li­chen Ver­sor­gung entgegen.

Die von den Zulas­sungs­gre­mi­en zu ertei­len­de Geneh­mi­gung nach § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V ist an ver­trags­arzt­recht­li­chen Gesichts­punk­ten zu mes­sen. Zivil‑, gesellschafts‑, steuer‑, arbeits- oder sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­che Aspek­te hin­dern die Ertei­lung der Geneh­mi­gung nicht, wenn sie ver­trags­arzt­recht­li­chen Belan­gen nicht ent­ge­gen­ste­hen; sie sind viel­mehr dane­ben in dem jewei­li­gen Rechts­kreis von den zustän­di­gen Behör­den oder Betei­lig­ten zu beurteilen

Da SG Mag­de­burg hat wei­ter­hin aus­ge­führt, dass es dem aus­drück­li­chen Wil­len des Gesetz­ge­bers und dem Ziel der beson­de­ren Orga­ni­sa­ti­ons- und Koope­ra­ti­ons­form MVZ ent­spricht, dass ange­stell­te Ärz­te ihr MVZ als Gesell­schaf­ter tragen.

Die vom beklag­te Beru­fungs­aus­schuss für Ärz­te geführ­te Sprung­re­vi­si­on zum Bun­des­so­zi­al­ge­richt hat­te im Ergeb­nis Erfolg.

Die Ent­schei­dung des Bundessozialgerichts:

Das BSG hob mit Urteil vom 26.01.2022 (B 6 KA 2/21) das erst­in­stanz­li­che Urteil des SG Mag­de­burg vom 18.11.2020 auf und wies den Antrag auf Ertei­lung der Anstel­lungs­ge­neh­mi­gun­gen als unbe­grün­det zurück.

Die bei einem Vertragsarzt/MVZ ange­stell­ten Ärz­te sei­en abhän­gig Beschäf­tig­te im sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Sin­ne. Das BSG schloss eine beson­de­re Inter­pre­ta­ti­on des Begriffs des ange­stell­ten Arz­tes im Ver­trags­arzt­recht aus und ori­en­tiert sich im Ergeb­nis am sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­chen Begriff der abhän­gi­gen Beschäftigung.

Nach der Rechts­auf­fas­sung des BSG dür­fen ange­stell­te Ärz­te nicht die Rechts­macht besit­zen, durch Ein­fluss­nah­me auf die Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung die Geschi­cke der Gesell­schaft zu bestim­men. Die ange­stell­ten Ärz­te dür­fen nicht berech­tigt sein, die eige­ne Wei­sungs­ge­bun­den­heit als Ange­stell­te der Gesell­schaft auf­zu­he­ben. Bei den geschäfts­füh­ren­den Ärz­ten für die die Ertei­lung der Anstel­lungs­ge­neh­mi­gun­gen begehrt wor­den ist, sei­en die Vor­aus­set­zun­gen einer abhän­gi­gen Beschäf­ti­gung nicht gegeben.

Die bei­den geschäfts­füh­ren­den Gesell­schaf­ter sind zu glei­chen Tei­len an der MVZ-Trä­ger­ge­sell­schaft (GbR) betei­ligt und könn­ten somit ihnen nicht geneh­me Beschlüs­se und Wei­sun­gen verhindern.

Pra­xis­hin­weis:

Da ein bestim­men­der Gesell­schaf­ter-Geschäfts­füh­rer nicht wei­sungs­ge­bun­den ist, kann er nach der Rechts­auf­fas­sung des Bun­des­so­zi­al­ge­richts nicht als ange­stell­ter Arzt in einem MVZ im Rah­men einer abhän­gi­gen Beschäf­ti­gung tätig sein.

Das Urteil des Bun­des­so­zi­al­ge­richts wird für künf­ti­ge Grün­dun­gen von Medi­zi­ni­schen Ver­sor­gungs­zen­tren in der Anstel­lungs­va­ri­an­te durch ein­zel­ne Ärz­te oder klei­ne Berufs­aus­übungs­ge­mein­schaf­ten, ins­be­son­de­re mit nur zwei Gesell­schaf­tern, erheb­li­che Aus­wir­kun­gen haben.

Die Ent­schei­dung des BSG bezieht sich auf die Ver­sa­gung der Anstel­lungs­ge­neh­mi­gung in einer Per­so­nen­ge­sell­schaft. Es ist gleich­wohl zu erwar­ten, dass die Ent­schei­dung auch erheb­li­che Aus­wir­kun­gen auf die Grün­dung und den Betrieb von MVZ-GmbH‘s haben wird, in denen die Gesell­schaf­ter als ange­stell­te Ärz­te tätig sein möchten.

Jörn Franz

Rechts­an­walt